Reinkarnation - Thread II

Teil 8 - Unter dem neuen Hauptquartier

Der Tag neigte sich dem Ende zu. Die sengende Hitze des Tages war einer angenehmen, kühlen Brise gewichen; das grelle Sonnenlicht hatte dem fahlen Schein der schmalen Sichel des Halbmondes Platz gemacht, die das Gelände des Friedhofs in eine etwas schaurige Atmosphäre tauchte. Seitdem auch der letzte menschliche Besucher das Gelände verlassen hatte, war wie jeden Abend eine unheimliche Ruhe eingekehrt. Es schien, als gäbe es eine stillschweigende Übereinkunft aller Lebewesen auf dem Friedhof, diese Stille zu respektieren. Fast aller Lebewesen sollte man wohl besser sagen, denn aus der Ferne waren die feinen, dünnen Stimmchen zweier Ameisen zu vernehmen.

„Dr. Mallard, sind Sie sich wirklich sicher, dass es dieses Mal die richtige Abzweigung ist? Ich weiß nicht, irgendwie kommt mir diese Wurzel bekannt vor?“, stöhnte Jimmy Palmer, während er steil bergauf über eine Wurzel krabbelte, die den Erdboden in diesem Bereich angehoben hatte. Er kam ganz schön ins Schnaufen, aber er war keinesfalls gewillt zu diesem Zeitpunkt des Tages den Anschluss an seinen Vordermann zu verlieren. Tagsüber, ja, wenn es denn unbedingt sein musste – aber nicht so kurz vor Einbruch der finsteren Nacht mitten auf einem Friedhof. Nee, das musste er sich nicht geben. Er hatte zwar keine Angst vor den zahlreichen Leichen, die hier in ihren Gräbern ruhten; nein, in seinem alten Leben hatte er eigentlich immer die innere Einstellung gepflegt, dass die Leichen eigentlich vor ihm Angst haben sollten. Mit Knochensäge und Skalpell bewaffnet, hatte er schließlich durchaus gefährlich ausgesehen. Ein Bild, von dem er sich von Zeit zu Zeit immer wieder mal sicherheitshalber im Spiegel überzeugt hatte. Ein Trick, den er nur wärmstens weiterempfehlen konnte. Diese Gegenüberstellung wirkte wahre Wunder bei einem angeknacksten Selbstbewusstsein. Noch immer bedauerte er, dass Doktor Mallard ihn zu Lebzeiten nie selbständig eine Obduktion hatte durchführen lassen. Wirklich zu dumm! Zwar hatte er ihm einmal das Versprechen dazu gegeben, aber letztlich dann doch einen Rückzieher gemacht. So war er damals wieder einmal leer ausgegangen. Nein, vor den Toten hatte er wahrlich keine Angst. Aber dieser Ort hier, dieser Friedhof, war selbst ihm zu unheimlich. Sprechende Tiere, selbst, wenn er selber dazu gehörte…Halloooo? Das war doch alles andere als normal. Wer wusste schon, welche Überraschungen hier noch auf ihn lauerten. Nein, zu dieser Tageszeit hier alleine zurückbleiben, das war wirklich das Letzte, was er wollte. Doch jetzt ging ihm einfach die Puste aus und ob er wollte oder nicht, er konnte nicht mehr.

„Eine kleine Pause, Doktor. Bitte! Nur eine klitzekleine Verschnaufpause …“, flehte er japsend und stolperte mal wieder über seine zahlreichen Beinchen. Du liebe Güte, wie gerne wäre er als Zweibeiner wiedergeboren worden. Oder wenn es denn schon ein Tier sein musste, dann doch wenigstens ein Vierbeiner. Aber nein, er – der zu Lebzeiten schon nicht gerade ein Meister der Koordination gewesen war – musste natürlich als Sechsbeiner wiedergeboren werden. Mühsam rappelte er sich wieder auf die Füße und bemerkte zu seiner großen Erleichterung, dass Ducky stehengeblieben war und auf ihn wartete.

„Wir sind doch gleich da, Jimmy“, kam ungehalten die Antwort. „Und du sollst doch nicht mehr Doktor zu mir sagen. Nun komm, die anderen warten bestimmt schon…“

„Bitte … nur ganz kurz“, keuchte die kleine Ameise atemlos und hoffte auf das Verständnis seines ehemaligen Mentors. „Meine Beinchen sind nun mal viel kürzer als ihre und…“

*Platsch*

Unmittelbar neben Jimmy tropfte etwas auf den Boden und er machte vor Schreck einen hysterischen Hüpfer zur Seite, wobei er prompt wieder auf der Seite landete. Gütiger Gott, was war das denn? Angstvoll starrte er hinauf in den Himmel. Fing es jetzt etwa auch noch an zu regnen? Bitte nicht! Oh, als Mensch hatte er den Regen geliebt, dann hatte er immer seine gepunkteten Gummistiefel angezogen und war mit laut platschenden Schritten mitten durch den Rosengarten seiner Großmutter gestapft, die entsetzten Proteste seiner Oma ignorierend. Nichts und Niemand hatte ihn an diesem Vergnügen hindern können. Doch seit er in dem Körper einer Ameise steckte, mochte er den Regen so ganz und gar nicht mehr. Er hatte schnell feststellen müssen, dass es beinahe lebensgefährlich war, sich als Ameise bei einem solchen Wetter draußen aufzuhalten. Er bedauerte zutiefst, nicht im sicheren Bau zurückgeblieben zu sein. Jetzt gerieten sie wahrscheinlich mitten in den dicksten Schauer und sein neues Leben, an dem er paradoxerweise doch irgendwie hing, war vermutlich für die Katz gewesen. Er würde jämmerlich ersaufen und hatte ganz umsonst die letzten Tage geschuftet, wie ein Berserker.

*Platsch*

Ein weiterer Tropfen verfehlte nur knapp seinen zierlichen Körper und Jimmy konnte nicht verhindern, dass seine zierlichen Beinchen bedrohlich anfingen zu zittern. Schnell rappelte er sich wieder auf seine Füßchen. „Ähm, Ducky. Sollten wir nicht besser umkehren? Es fängt an zu regnen – nicht, dass wir noch ertrinken“, stammelte er ängstlich.

Ducky, der inzwischen schon auf dem obersten Punkt der Wurzel angekommen war, blickte seinem Freund entgegen und rümpfte leicht verächtlich die Nase. „Jimmy“, antwortete er tadelnd. „Jetzt reiß dich aber bitte mal zusammen. Das ist kein Regen. Hast du schon einmal schwarzen Regen gesehen?“ Er blickte sich suchend um.

Schwarz? Der Regen war schwarz? Jimmy fing förmlich an zu bibbern. „Oh mein Gott, Dr. Mallard, wir müssen hier weg! Das ist kein gutes Zeichen – nein, ich bin sogar sicher, dass das ein böses Omen ist! Ehrlich, ich finde wir sollten uns so schnell wie möglich in Sicherheit…“

„JIMMY!“ Duckys dünnes Stimmchen klang jetzt wirklich ungehalten. Außerdem hatte er die Ursache der schwarzen Flüssigkeit längst entdeckt. „Vielleicht wirfst du mal einen Blick auf den Mülleimer dort drüben…Ich bin sicher, wenn wir Gibbs gleich davon erzählen, wird er sich begeistert hierher auf den Weg machen und hoffen, dass diese Quelle nie versiegt. – Was ist nun? Gehst du zurück in den Bau oder kommst du mit zum Treffen?“

Zurückgehen? Alleine? Undenkbar! Unsicher blickte Jimmy Palmer in die angegebene Richtung. In einem übervollen Mülleimer lag obenauf unverkennbar ein Starbucks-to-Go-Becher, aus dem langsam, aber unaufhörlich Kaffee auf den Boden tropfte. Erleichtert atmete er auf und schämte sich insgeheim, so überreagiert zu haben. „Warten Sie“, rief er aus, als er bemerkte, dass Ducky bereits wieder auf dem Weg war. „Ich komme, ich komme ja mit.“ Eilig setzte er sich wieder in Bewegung und folgte seinem ehemaligen Vorgesetzten so schnell ihn seine kleinen Beinchen trugen.

*****



Nur wenige Meter von dem koffeinhaltigen Geschehen entfernt, ließ sich Abby, die inzwischen schon sehr geschickt mit dem Umgang der dünnen, klebrigen Fäden, die sie nach Belieben aus ihrem Hinterleib heraus produzieren konnte, war, von einem der hohen Äste der alten Eiche elegant nach unten gleiten. Sie war freudig erregt wegen des bevorstehenden, langersehnten Wiedersehens mit ihren Freunden und zappelte, unverkennbar genauso hibbelig wie früher, mit ihren dünnen Beinchen, als sie bemerkte, wie die Erde am Boden in der Nähe des dicken Baumstammes aufbrach und sich schnell einer der charakteristischen Hügel bildete, die für Maulwürfe, die an die Erdoberfläche drängten, so typisch waren.

„Gibbs! Oh, hallo Gibbsi“, jubelte sie laut und ließ sich ungefragt auf dem gräulichen Deckhaar des Maulwurfs nieder, der sich gerade ein wenig schwerfällig an die Oberfläche zog. „Hattest du auch einen so wunderbaren Tag? Stell dir vor, ich bin umgezogen. Das Mauerloch an der Kapelle war ja sooo langweilig! Viel zu ruhig! Echt, da war absolut nichts gebacken! Jetzt wohne ich im obersten Flötenrohr der Kirchenorgel in der Kapelle. Gut, zu unseren Treffen habe ich es jetzt natürlich etwas weiter, aber wow, ich schwöre dir, das ist ein Sound! Heute Mittag war eine Beerdigung und der Organist hat gespielt. Ehrlich, ich hab´ gedacht, mein Netz reißt, aber Gott sei Dank hat es gehalten. Die Vibrationen waren der Wahnsinn! Ich hatte Mühe, meine Beine unter Kontrolle zu halten. Hach, endlich habe ich meine Musik wieder. Du kannst dir vielleicht vorstellen, was das für mich bedeutet – ach was, natürlich kannst du das, ich bin mir sogar absolut sicher, dass du das kannst, denn schließlich…“

„Abs…“, Gibbs schüttelte sich, aber die kleine Kreuzspinne hatte sich in seinem Fell verheddert und wollte einfach nicht loslassen. Ein kleines Lächeln spielte über seinen rüsselähnlichen Vorbau und der grießgrämige Maulwurf wurde mit einem Mal ziemlich rührselig. Tief atmete er durch. Es war wie früher: Gegen Abbys intuitive, heftige Umarmungen waren nun mal alle Widerstände zwecklos. Aber das jetzige Spinnenleben seiner jungen Freundin machte ihre Spontanangriffe zunehmend erträglicher. Er sah es zum Beispiel als Vorteil an, dass sie es jetzt nicht mehr schaffte, sich ihm um den Hals zu werfen und ihn zu drücken, bis ihm die letzte Atemluft zu entweichen drohte. Ja, ihr neues Dasein als Spinne ließ ihre Umarmungen tatsächlich um einiges zärtlicher ausfallen. Im Grunde spürte er sie kaum noch, also ließ er sie gewähren. „Es ist dir vielleicht nicht klar, aber ich sehe nur schlecht - hören kann ich dafür vorzüglich. Etwas leiser wäre also nicht schlecht. Ich freu´ mich ja für dich, aber…“

„Oooohhh“, fiepte Abby da schon wieder dicht an seinem Ohr und unwillkürlich musste Gibbs den Kopf schütteln. Für Abby bestand da aber keine Gefahr, denn sie saß fest wie ein Anker in seinem flauschigen Fell. „Du bist so wunderbar wuschelig – hab´ ich dir eigentlich schon gesagt, wie sehr ich das liebe? Du bist jetzt fast so weich wie mein Bert früher.“

Na, das ging Jethro jetzt doch ein bisschen zu weit. Seiner Meinung nach hinkte der Vergleich mit Abbys furzendem Nilpferd gewaltig – auch, wenn Abby an ihm mit Sicherheit genauso hing, wie an Bert früher. „Abs, bitte…“

„Ja, ja, ich weiß schon, ich weiß schon.“ Flugs krabbelte Abby über Gibbs grau meliertes Fell auf den Boden und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Können Maulwürfe eigentlich furzen?“, fragte sie dann, nur um im nächsten Augenblick schon wieder das Thema zu wechseln. „Menno, wo bleiben bloß die anderen – ich bin ja sooo aufgeregt. Du nicht auch?“

„Wir kommen schon, wir kommen…“ Die feinen Stimmchen der Ameisen waren kaum zu hören, dennoch wurden sie von den Beiden wahrgenommen.

Gibbs atmete erleichtert auf. Endlich, Verstärkung war unterwegs. „Die Fußgänger sind bereits im Anmarsch“, flüsterte er lächelnd in Richtung der kleinen Spinne. „He, wenn sie sich nicht wieder verlaufen, müssten sie in den nächsten Minuten hier ankommen.“ Zufrieden nahm er Abby´s amüsiertes Glucksen zur Kenntnis, lehnte sich müde gegen den Stamm der Eiche und blickte sinnend hinaus in die dunkle Nacht. „Fehlen also nur noch die Flieger. DiNozzo vög…ähm , muss sich sicher erst noch umständlich von seiner neuesten Eroberung verabschieden. Aber Pünktlichkeit war ja schon zu menschlichen Lebzeiten nicht seine Stärke.“

Wieder kicherte die kleine Kreuzspinne kurz: „He, du kannst ja richtig witzig sein.“ Sie machte eine kurze Pause und blickte nach oben. „Aber du hast Jemand vergessen. McFly ist auch noch nicht da“, seufzte sie dann und ließ traurig den Kopf sinken. „Sicherlich traut er sich nicht her, weil …“ Abby´s Stimme brach und eine dicke Kullerträne bildete sich in den kleinen Äugelein der Kreuzspinne und verlieh ihnen einen glasigen Ausdruck. „… weil er mich einfach nicht mehr in seiner Nähe ertragen kann. Ich glaube, nein, mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass er sich vor mir fürchtet! Dabei würde ich ihm doch gar nichts tun. Gibbs, ehrlich, als ob ICH…??? Nee, Timmy müsste mich doch inzwischen lang genug kennen, um zu wissen, dass ich ihm niemals…“

Die Ankunft von Ducky und Jimmy unterbrach in diesem Moment zu Gibbs großer Erleichterung Abby´s drohenden Gefühlsausbruch.

„Aaaaah…“, Ducky setzte sein schweres Hinterteil ab, um seine geschundene Hüfte zu entlasten. Irgendwie fand er das ungerecht. Seiner Meinung nach sollte eine Wiedergeburt auch den Besitz von neuen Knochen beinhalten. Er hingegen spürte jeden Tag auf´s Neue, dass seine menschlichen Alterszipperlein ihn auch in sein neues Leben hinein begleitet hatten. Aber das war jetzt zweitrangig. Dem Gespräch von Abby und Gibbs hatte er schon seit geraumer Zeit folgen können und jetzt hatte er das Gefühl, Abby trösten zu müssen, denn er war sich nicht sicher, ob der knurrige Maulwurf an ihrer Seite die richtigen Worte finden würde. Er tippelte auf Abby zu und blickte zur traurigen Spinne auf. „Abigail, meine Liebe, du solltest dir keine Sorgen machen. Wir alle wissen doch, dass du keiner Fliege etwas zu leide tun kannst. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Tim das sehr gut weiß. Unser lieber Freund muss nur noch seine Schüchternheit ablegen und Vertrauen fassen. Du erinnerst dich doch sicher noch daran, wie er war, als er damals neu in Gibbs´ Team kam. Du musst nur Geduld haben. Er braucht einfach ein bisschen Zeit.

„Zeit, die er leider nicht hat“, murmelte Jimmy Palmer gedankenlos vor sich hin und wurde sofort mit einem bösen Blick von Gibbs gestoppt. Doch anstatt wie sonst die Lippen zusammenzupressen und den Mund zu halten fuhr er ungewohnt mutig fort. „Ich mein´ ja nur, die Lebenserwartung einer Musca Domestica liegt bei ca. 16 Tagen. Und immerhin ist er bereits …“

„Jimmy, es reicht!“, zischte Ducky seinem Ameisenfreund wütend entgegen. Ihm war nicht entgangen, wie Abby sich entsetzt aufgerichtet und die Augen aufgerissen hatte. „Du solltest jetzt besser den Mund halten, klar?!“

Wie so oft stand Jimmy Palmer auf der Leitung. „Aber warum denn – ich bin sicher, Abby weiß das auch. So traurig das auch sein mag, es ist nun mal eine Tat…“

„Hey Leute, seht mal, ich glaube, da hinten kommen DiNozzo und Ziva“, versuchte Gibbs die Situation zu retten und deutete blinzelnd mit einer seiner Schaufelhände in die Ferne, wo er mit seinen schlechten Augen allerdings lediglich zwei dunkle Punkte, die sich ihnen zu nähern schienen, ausgemacht hatte. Aber ihm war gerade alles recht, um diesen unglücksseligen Gesprächsverlauf zu unterbrechen. „Helft mir mal…sind sie das auch wirklich?“

Tatsächlich, durch die Luft segelten, beunruhigend langsam, zwei Spatzen heran.

 

Teil 9 - Unter der Eiche II

Tony landete, für ihn untypisch, in einer gewissen Entfernung der Gruppe auf dem Waldboden und warf Ziva, die sich zögernd direkt neben ihm niederließ, einen letzten verzweifelten Blick zu. Zwischen ihnen herrschte ein stillschweigendes Übereinkommen und es war beiden anzusehen, dass sie eine enorm wichtige und auch schwierige Aufgabe zu erfüllen hatten. Schon als Menschen war es ihnen schwer gefallen, solch traurige Nachrichten an die Angehörigen der Opfer zu überbringen. Doch dieses Mal war es noch schwerer. Dieses Mal betraf es einen von ihnen – ein Familienmitglied. Ziva fasste sich ein Herz und hüpfte ein Stück voran, blickte jedoch immer wieder zurück, ob DiNozzo ihr auch folgte. Was er letztlich auch tat, schweren Herzens und mit immer größer werdender Unsicherheit. Seine Gefühle fuhren Achterbahn und so traurig er auch war…er war auch wieder einmal froh darüber, dass es ihn bei der Bombenexplosion auch erwischt hatte. Nicht auszudenken, wenn er womöglich alleine überlebt hätte…Nein, das hätte er nicht verkraftet – auf gar keinen Fall. Ziva warf ihm schon wieder einen auffordernden Blick über die Schulter zu und sichtlich zaudernd hüpfte er abermals einige Zentimeter vorwärts. Mann, war das schwer! Zentnerschwer lastete die Aufgabe, die nun vor ihnen lag, auf seiner Seele.

„Nun komm schon“, piepte sie leise und legte den Kopf schief. „Tony, bitte…“ Nachdem Ziva bemerkt hatte, dass ihr ehemaliger Kollege erneut auf der Stelle stehenblieb, hüpfte sie zu ihm zurück und blickte ihm traurig in die Augen. „Wir müssen es ihnen sagen, wir können es nicht für uns behalten. Das würde es auch nicht besser machen.“ Zärtlich berührte sie mit der Spitze ihres Schnabels kurz die Federn an seinem Hals und bemerkte das unterdrückte Schluchzen in seiner kleinen Vogelkehle. Seine tiefgründige, mitfühlende Seite, die er als Mensch schon immer zu verstecken gesucht hatte, kam zum Vorschein und es wunderte sie kein bisschen. „Komm“, piepte sie nochmals. „Bringen wir es hinter uns.“

„Hhmmm“, brachte Tony undeutlich hervor.

Verunsichert setzten sich die beiden Spatzen wieder in Bewegung. Von Hüpfen konnte allerdings keine Rede mehr sein. Vielmehr, es war kaum zu glauben, gingen sie nun, d.h. sie setzten tatsächlich Kralle für Kralle vorwärts und gewannen auf diese Art und Weise wieder ein paar kostbare Sekunden Aufschub. Doch schließlich war es unabänderlich und schweigend standen sich die Freunde gegenüber und die Spannung, die plötzlich in der Luft lag, war förmlich greifbar. Selbst Abby schwieg beunruhigt. Sie war auf Gibbs Schulter gekrabbelt und zupfte nervös einzelne Haare aus dem dichten Fell des ehemaligen Agenten, Jimmy hatte sich neben Ducky niedergelassen, der neugierig und doch mit schlechter Vorahnung den Kopf zur Seite geneigt hatte.

„Was ist los?“, unterbrach Gibbs schließlich die unheilvolle Stille und seine Stimmen kam wie ein tiefes Donnergrollen aus seiner Kehle. Dass es nichts Gutes sein konnte, dass war an dem Verhalten der beiden Spatzen deutlich zu erkennen. Er hoffte nur, dass es nicht gar zu schlimm war.

Tony´s Antwort war ein tiefes Seufzen und er warf seiner Partnerin einen hilfesuchenden Blick zu.

Ziva nickte ihm entschlossen zu: „Tu es!“

Tony nickte, öffnete den Schnabel und…

…eine kleine Stubenfliege fiel vor ihm auf den Boden, starr und leblos.

„OH MEIN GOTT! Ist das…ihr wollt doch nicht etwa sagen, dass das…? NEIN!!!“ Abby riskierte einen genaueren Blick und erkannte die grausame Wahrheit. Lauthals aufschluchzend versenkte sie daraufhin sofort ihren Kopf schützend in Gibbs Fell. „Oh nein, Tim! Timmy! Er darf nicht,….nein…er darf nicht….tot…sein“, schluchzte sie unaufhaltsam, während Gibbs und die beiden Ameisen geschockt vor sich auf den Boden blickten. Es war unverkennbar, vor ihnen lag Timothy McGee, der in den letzten Tagen von ihnen allen nur noch liebevoll McFly genannt worden war. Es war der erste Spitzname, den er tatsächlich gemocht hatte und sogar ein wenig stolz darauf gewesen war. Und jetzt?

„Wir…wir waren auf dem Weg hierher, da haben wir ihn zufällig gefunden“, ertönte die klägliche Stimme Tonys. „Er lag einfach so da. Ich meine, einfach so…als ob…“

„Ja, er lag drüben an seinem Grab“, übernahm Ziva das Reden, als sie bemerkte, wie Tony verzweifelt nach Worten suchte. „Er lag ganz friedlich auf dem Granitstein. Wir dachten zuerst, dass er schläft und da wollten wir ihn erschrecken. Doch als wir dann näherkamen…“ Sie brach ab. Die Worte schmerzten in ihrer Sperlingbrust. Ein dicker Kloß bildete sich in ihrer Kehle. Jetzt, da sie es aussprach, wurde ihr erst richtig klar, dass McGee nun unwiederbringlich von ihnen gegangen war. Vor ihnen lag ihr ehemaliger Kollege, die MIT-Fliege, einer ihrer besten Freunde. Nie wieder würden sie ihn liebevoll necken und auf den Arm nehmen können. Es war einfach zu traurig. Eine Träne bahnte sich den Weg nach draußen und kullerte langsam und für alle sichtbar über weichen weißen Federn auf ihrer Wange. Es war ihr egal. Sollten es doch ruhig alle sehen. Schließlich war sie nicht mehr Ziva David, die ehemalige knallharte Mossadagentin, die keine Gefühle für sich zuließ. Hier und Jetzt trauerte sie um einen Freund und das durfte verdammt noch mal jeder sehen!

„Oh Gott, oh Gott, oh Gott“, hörte man das dünne Stimmchen von Jimmy, der sich unweigerlich und Trost suchend näher an Duckys Ameisenkörper gedrückt hatte. „Was ist da nur geschehen?“

„JA, genau“, ließ sich da plötzlich wieder Abby undeutlich aus Gibbs Fell vernehmen. „Wer war das? Wer hat ihm das angetan? Wir müssen hinüber zu seinem Grab! Jetzt! Sofort! Wir müssen die Spuren sichten. Ich weiß zwar noch nicht wie, aber ich werde herausbekommen, wer das zu verantworten hat und dann Gnade ihm Gott…!“

„Abby, Abby, bitte. Hör auf“, unterbrach Ducky matt die flammende Rede der ehemaligen Labortechnikerin.

„WAS? Was willst du, Ducky? Willst du etwa nicht, wissen, wer das getan hat?“

„Niemand hat das getan, Abigail und das weißt du sehr gut. Seine Zeit war einfach gekommen.“ Duckys Stimme hörte sich zwar ebenso traurig, wohl aber gefasst an. „Aber natürlich ist es ein großer Verlust.“ Er seufzte kurz und ergriff dann wieder das Wort. „Ich finde, wir sollten ihm eine würdige Beerdigung schenken. Jimmy und ich werden ihn unter die Erde bringen und du Gibbs, du könntest ihm eine schöne letzte Ruhestätte schaufeln.“

Gibbs nickte schweigend. Er hatte Angst, dass ihm seine Stimme nicht gehorchen würde, wenn er jetzt etwas sagen würde.

„Oh ja, bitte Gibbs! Tust du das? Dann kann ich ihn ganz häufig besuchen. Ich werde auch wieder umziehen, wenn es nötig ist.“ Herzzerreißend ertönte die Stimme der Spinne in Gibbs Fell. Ihre kleinen Beinchen klammerten sich unterdessen so fest um die graumelierten Härchen, dass Gibbs es deutlich spüren konnte. Es ziepte ganz ordentlich, doch er brachte es nicht übers Herz, Abby jetzt von sich zu stoßen. „Timmy, oh Timmy, Timmy, es tut mir ja so leid…“ Unentwegt flüsterte sie den Namen ihres besten Freundes und ihre bitterlich geweinten Tränen durchnässten so langsam aber sicher Gibbs´ Fell.

Gibbs schwieg immer noch. Ihm wollten einfach keine Worte einfallen, die dem Moment angemessen schienen und zu der dramatischen Thematik passen könnten. Doch sein Schweigen war auch gleichzeitig Ausdruck der ehrlichen heftigen Trauer, die sein Herz erfasst hatte und ihn förmlich zu lähmen schien. Wer in sein gütiges Gesicht schaute, konnte die tiefe allumfassende Betroffenheit erkennen, die ihn ergriffen hatte. Bislang hatte er immer geglaubt, dass Tony allein dem nahe käme, was er für einen Sohn empfinden würde – McGee´s Tod hatte ihn abrupt eines Besseren belehrt. Leider war es nun zu spät. Nie, niemals würde Tim jetzt erfahren, welch große Stücke er auf ihn gehalten hatte.

 

Teil 10 - Trauer und Freude

Eine bleierne Grabesstille hatte sich über die kleine Gruppe ungleicher Tiere gesenkt, die unter der alten Eiche immer noch bewegungslos im Halbkreis verharrten und stumm auf den kleinen toten Körper vor sich blickten. Ein toter Körper, der noch am Morgen fröhlich durch die Lüfte gesegelt war und sich stolz als einer der ihren bezeichnet hatte. Sie konnten es einfach nicht fassen, dass Tim nicht mehr bei ihnen sein sollte. Sie würden ihn schmerzlich vermissen: Seine klugen Reden, seine neu erworbenen Flugkünste, sein neues Selbstbewusstsein, einfach nur seine freundliche, unaufdringliche Art. Niemand wollte als Erster das selbst gewählte Schweigen unterbrechen. Lediglich die abgehackten, verzweifelten Schluchzer der kleinen Kreuzspinne unterbrachen hier und da die beinahe schon unnatürliche Ruhe.

„Er war ein guter Mensch“, flüsterte Tony schließlich sichtlich ergriffen und seine Worte schienen wie Peitschenschläge durch das Dunkel der Nacht zu schlagen.

„Aber...aber er war doch eine Fliege“, wandte Jimmy Palmer zaghaft ein, was ihm umgehend gleich wieder mehrere böse Blicke einbrachte. „Ist doch so“, maulte er unzufrieden sehr leise vor sich hin. Er sah nicht ein, was er schon wieder falsches gesagt haben sollte. Immer hackten alle auf ihm rum - manchmal war er es echt leid, aber so war es immer noch besser, als sich alleine durchzuschlagen.

„Mensch, Fliege, was auch immer“, antwortete Tony unwirsch. „Er hatte eine gute Seele – darauf kommt es an und bei Gott, ich wünschte, ich hätte ihm zu Lebzeiten…“ Er warf Jimmy einen Seitenblick zu. „…welchem Leben auch immer, wenigstens einmal gesagt, dass ich ihn mochte. Aber nein, ich musste ihn ja immerzu nur ärgern. Zuletzt erst die Sache mit dem Baumharz – Himmel, es tut mir alles sooo leid.“ Gegen Ende war seine Stimme wieder brüchig geworden und er piepte zweimal kurz, um sich wieder zu sammeln.

„Er wusste es Tony“, warf Ducky tröstend ein. „Ich bin mir sicher, dass er wusste, dass du ihn mochtest.“

Gibbs nickte bestätigend. Abby auf seiner Schulter schluchzte wieder einmal auf und machte gleich darauf ein Geräusch, dass er Stein und Bein geschworen hätte, dass sie gerade den angesammelten Rotz in der Nase hochgezogen hatte. Just in dem Moment jedoch, als er darüber nachdenken wollte, ob das einer Spinne wohl möglich war, geschah etwas, womit niemand mehr gerechnet hatte.

„Hallo Leute! Tut mir Leid, ich weiß, ich bin zu spät. Ist ja sonst nicht meine Art, aber…na ja, was soll ich sagen. Ich war zunächst etwas…ich will es mal „verhindert“ nennen. He, was guckt ihr denn alle so traurig?“, erklang eine bekannte Stimme über ihnen und alle hoben ruckartig ihre Köpfe gen Himmel.

Fassungslos beobachteten Sie, wie sich eine kleine Kreuzspinne vorsichtig an einem Faden den Ast hinunterließ und dabei immer wieder in stocken geriet, was zur Folge hatte, dass sie/er wie ein Minigummiball am Faden auf- und abwippte. Leise vor sich hinfluchend kam sie der versammelten Gruppe auf dem Boden immer näher.

„Ach Mann, verdammt! Warum funktioniert das denn nicht? Das muss doch…Ich denke…oh, verflixt, schon wieder hängengeblieben…Was ist das denn bloß hier! Möchte nur mal wissen, was ich falsch mache! Menno, jetzt hatte ich mich gerade ans Fliegen gewöhnt! Nur gut, dass ich wenigstens keine Höhenangst mehr habe – aber dieses dauernde Wippen ist ja wirklich noch viel …Da wird einem ja richtig übel! Abby muss mir helfen. Ja, genau, sie muss mit mir üben! – Übung ist alles, was ich brauche.“ Endlich hatte Tim den Boden erreicht und ließ sich erleichtert inmitten seiner Freunde nieder. Makaberer Weise direkt neben seiner eigenen kleinen Fliegenleiche, doch das nahm in diesem Augenblick niemand wirklich zur Kenntnis. „Geschafft, da bin ich“, stellte er höchst zufrieden mit sich und seiner Leistung fest und blickte erwartungsvoll in die Runde.

„Mc…McGee…“ Sprachlos starrte der Maulwurf nach vorne und wollte seinen Augen kaum trauen.

„Ich glaub´s ja nicht“, entfuhr es Tony ungläubig.

„Wow“, piepte Ziva beinahe ehrfurchtsvoll.

„Aber…aber…wie ist denn das bloß möglich?“, fügte Jimmy Palmer mit einem ängstlichen Unterton in seinem Stimmchen hinzu.

„Nun…ich denke…genauso, wie wir die Bombenexplosion überlebt haben…Ach was, es gibt einfach Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht hinterfragen sollte“, sagte Ducky entschlossen. „Willkommen zurück, Tim. Ich freue mich sehr, dass du wieder bei uns bist.“

„Na, frag mich mal“, antwortete die kleine Kreuzspinne und wandte sich daraufhin etwas unsicher seinem Artgenossen zu. „Was ist los, Abby? Du sagst ja gar nichts. Freust du dich denn gar nicht?“

„Ich…ich…bin einfach fassungslos“, brachte die etwas größere Kreuzspinne schließlich stockend hervor.

„Noch ein Novum“, warf Gibbs trocken ein, wurde jedoch von McGee unterbrochen.

„Da sagst du was! Das war ich zuerst auch. Ich war plötzlich soooo müde und fühlte mich soooo schlapp – also flog ich zu meinem Grab um mich vor unserem Treffen noch etwas auszuruhen. Dann bemerkte ich aber, dass es gar keine Müdigkeit war. Ich wurde immer schwächer und mein letzter Gedanke war, dass ich euch nun doch alle verloren habe.“ Abby, die McGee gegenüber saß, schluchzte bei seinen Worten erneut heftig auf und er warf ihr einen beruhigenden Blick zu. „He, nicht weinen. Bitte. Ich bin doch wieder da – alles ist gut! Und jetzt habe ich auch keine Angst mehr vor dir. Als ich wieder wach wurde und bemerkte, was aus mir geworden ist…nun, was soll ich euch sagen…ich bin einfach nur froh. Wie gesagt, tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber der Weg vom Grab hierher hat etwas Zeit in Anspruch genommen. Fliegen wäre natürlich schneller gegangen“, fügte er augenzwinkernd hinzu. „Aber so ist es doch auch in Ordnung, oder?“ Sein Blick fiel auf den kleinen starren Körper neben sich: „Ups, bin das etwa ich?“, fragte er dann etwas konsterniert.

„Allerdings“, knurrte Tony leicht verstimmt. „Ich habe dich den ganzen Weg hierher in meinem Schnabel transportiert.“

„Ich mag dich auch Tony“, war die trockene Antwort.

„Was? Wie bitte – wie meinst du das?“

„Nun…ich habe gehört, was du eben gesagt hast und ehrlich…ich bin schon ein wenig gerührt. Am liebsten würde ich dich umarmen…“

„Bleib´ mir bloß vom Leib“, piepte Tony erbost. „Uns so am Schnabel herumzuführen…das ist doch echt das Allerletzte. Das zahl´ ich dir heim, glaub mir, das ist ein Versprechen. – Und du brauchst gar nicht so zu grinsen“, fuhr er Ziva an, die anscheinend sehr amüsiert verfolgt hatte, wie peinlich ihm nun sein Gefühlsausbruch von vorhin war. „Dich hat unser McWipp schließlich auch gelinkt – er hat uns alle gelinkt!“

„Es ist also alles beim alten“, stellte Ducky befriedigt fest. „Tony wird McGee ärgern, er gibt ihm Spitznamen und…“

„NEIN“, rief Abby, die sich endlich gefasst hatte, laut dazwischen. „Es ist besser, viiiieeel besser sogar!“ Eilig krabbelte sie auf Tim zu und begrüßte ihn mit ihrer ureigenen Art und Weise. Ihre heftige Umarmung gipfelte in einem undefinierbaren Knäuel aus Spinnenbeinchen. „Nur gut, dass wir nur Freunde sind“, jubelte ihre Stimme aus dem Knäuel heraus. „Sonst müsste ich dich nämlich nach der Begattung fressen!“ Die anderen konnten amüsiert beobachten, wie acht der Beine in dem Knäuel kurz zu erstarren schienen. „Aber SOOOO ist ja alles in bester Butter.“ Ein erleichterter Seufzer war zu hören und die acht erstarrten Beinchen kamen wieder in Bewegung. Mühevoll befreite sich Tim aus Abby´s Umarmung und lächelte etwas verlegen in die Runde.

„Es tut mir leid, ehrlich. Ich wollte euch nicht erschrecken.“

„Das hast du aber“, grummelte Tony immer noch leicht verstimmt. „Ich werde auf jeden Fall nie wieder den Sargträger für dich geben, dass das mal klar ist.“

„Sonnenklar. Trotzdem, ich danke dir.“

„Schon gut, schon gut. Vergiss es! Wie gesagt, wird nicht wieder vorkommen.“

„Ach Leute, kommt schon, nun seid nicht so. Die Hauptsache ist doch, dass Tim wieder bei uns ist. Dass wir ihn nicht verloren haben.“ Abby zwinkerte McGee verschwörerisch zu. „Ab jetzt können wir tatsächlich alles miteinander teilen – na ja, fast alles“, schränkte sie eilig zur allgemeinen Erheiterung ein. „He, was hältst du davon, wenn du zu mir in die Orgel ziehst – das Flötenrohr neben mir ist noch frei. Dann wären wir Nachbarn – wäre das nicht toll?“

McGee lächelte gerührt, ob Abby´s offensichtlicher Freude. Aber wenn er an den Geräuschpegel dachte, den dieser Wohnort mit sich brachte, wurde ihm doch leicht flau, also antwortete er vorsichtshalber erst einmal ausweichend. „Wir werden sehen, Abby. Ich muss mich erst einmal zurechtfinden, okay? Für mich ist ja wieder mal alles neu. Gib mir etwas Zeit.“

 

Teil 11 - Neue Aufgaben

Nach Tim´s zaghaftem Rückzieher mussten alle lachen - außer Abby natürlich, die schon ein wenig enttäuscht dreinschaute. Schon holte sie Luft, um in einer vermutlich langen, enthusiastischen Rede, McGee doch noch von ihrer Idee zu überzeugen und dem wurde bei ihrem Gesichtsausdruck schon Angst und Bange. Unwillkürlich fragte er sich, wie er wohl aus der Nummer wieder rauskäme und wie er überhaupt hatte da hineingeraten können. Schon beim bloßen Gedanken daran, in einer Orgelpfeife wohnen zu müssen, wurde ihm schlecht. Zu seinen menschlichen Zeiten hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, ob es wohl Kopfhörer für Spinnen gab - wozu auch? Aber jetzt schoss ihm dieser Gedanke automatisch durch den Kopf und da er die Antwort natürlich kannte, fragte er sich, was er wohl zu solchen Hilfsmitteln umbauen könnte. Egal, wie lächerlich das auch aussehen mochte - er WÜRDE sich definitiv ein paar Kopfhörer basteln. Soviel stand mal fest! Hilfesuchend blickte er sich um und Gott sei Dank, Ducky schickte sich an, sein stummes Flehen zu erhören.

„Apropos Teilen, da fällt mir etwas ein...", unterbrach er Abby rücksichtslos schon im Ansatz und kümmerte sich nicht um den entrüsteten Blick, den ihm die ehemalige Laborgoth zuwarf. "...Ich muss euch unbedingt was erzählen. Wir, also Mr. Palmer und ich hatten heute gut zu tun. Wir mussten ganz viele Teile abschleppen. Wurmteile. Es waren insgesamt über 20 Einzelteile, die wir alle in unseren Bau schaffen mussten. Das war ganz schön anstrengend kann ich euch sagen, aber unsere Königin ist da sehr streng. Manchmal erinnert sie mich ein bisschen an Jenny…“, schloss er nachdenklich, doch als er die überraschten Blicke seiner Freunde bemerkte, setzte er schnell hinzu. „Nein, nein, sie ist es nicht, sie erinnert mich nur manchmal an sie. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, es waren eindeutig Einzelteile von zwei Exemplaren der Spezies Lumbricidae. Dem äußeren Zustand nach zu urteilen, sind sie wohl Vögeln zum Opfer gefallen – offensichtlich waren sie wohl aus irgendeinem Grund ungenießbar, sonst hätten sie sie vermutlich aufgefressen. Mmmh, wenn ich so darüber nachdenke, ist das schon merkwürdig…“ Ducky spitzte seine dünnen Lippchen und vergewisserte sich, dass die anderen ihm noch immer ihre Aufmerksamkeit schenkten. „Das erinnert mich an eine Legende, die mir mal ein alter Förster erzählt hat. Wir waren damals als Kinder in einem Ferienlager und haben lange Spaziergänge gemacht. Ja, er war ein sehr angenehmer Zeitgenosse mit einem sehr umfassenden Wissen über die Flora und die Tierwelt. Sein besonderes Interesse galt den Nutztieren. Damals erzählte er uns auch die Geschichte eines Wurms, der von zwei wütenden Vögeln zerrissen wurde und aus diesem Wurm entstanden dann zwei Würmer. Sie wuchsen nach und ….na ja, langer Rede kurzer Sinn: Der Legende zufolge nahmen sie dann später fürchterliche Rache an den beiden Vögeln, die sie so fürchterlich zugerichtet hatten.“

Tony und Ziva sahen sich an und schluckten schwer. Sollten sie den anderen gestehen, was sie mit den Würmern angestellt hatten? Dass sie beide das Wurmmassaker zu verantworten hatten und letztlich der Grund gewesen waren, dass Ducky und Jimmy an diesem Tag so viel zu tun gehabt hatten? Was, wenn an der Legende womöglich etwas dran war und Rebekka und Arif nun insgesamt, was hatte Ducky gesagt…über 20 x vorhanden waren? Eine grauenhafte Vorstellung! Und was noch schlimmer wog: Sie wären schuld daran! Nicht auszudenken, was die beiden in solch einer Vielfalt alles anrichten konnten. Sie warfen sich einen weiteren Blick zu und verständigten sich stillschweigend. Es nützte nichts: Sie mussten die anderen warnen. Denn schon allein die Tatsache, dass sie hier jetzt alle beieinander unter der Eiche hockten, zeigte doch, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die nicht zu erklären waren.

„Nun…“ Tony holte tief Luft und warf dem zierlichen Feldsperlingweibchen neben ihm einen hilfesuchenden Blick zu, doch es sah so aus, als überließe sie ihm das Reden. Na toll!. „Also…es ist so…" Er stockte wieder. Kam es ihm nur so vor, oder hörte sich sein Piepen gerade eher wie ein Krächzen an? Ziva neben ihm winkelte einen Flügel ab und schubste ihn nachdrücklich, so dass er - noch ganz in Gedanken - ein, zwei Schritte zur Seite torkelte. "Ja, doch! JA! Ich mach´s ja schon", zischte er in Richtung seiner ehemaligen Partnerin.

„Was DiNozzo? WAS willst du uns sagen? Heute noch, wenn ich bitten darf?“, warf Gibbs ungeduldig ein.

„Nun ja, es könnte eventuell möglich sein, dass es sich bei den Wurmteilen, die Ducky und Jimmy transportieren mussten um.…" Wieder geriet er ins Stocken und blickte mit großen Kulleraugen in die Runde. Erst als Gibbs seinen mächtigen Körper etwas zur Seite legte - dieses Mal achtete er dabei sehr auf sein Gleichgewicht - und unmissverständlich mit einer seiner Schaufelhände in Tonys Richtung winkte, sprach er hastig weiter. "Also, es geht um Rebekka und Arif. Ihr, werdet es kaum glauben, aber wir, also Ziva und ich, sind den beiden heute begegnet..."

"Erzähl mir was Neues, DiNozzo, das Pack wollte sich neulich auch schon in meiner Höhle breitmachen."

"Echt? Das wusste ich nicht. Na ja, so wie es aussieht haben die beiden nach der Explosion wohl einen ähnlichen Weg wie wir genommen…"

„Oohhh, was für eine schöne Wortwahl, Anthony.“ Ducky schien begeistert.

„Oh, ähm, danke, Ducky. Aber darum geht es nicht. Was ich eigentlich sagen wollte, ist…wir sind aneinandergeraten und es gab einen Kampf. Bei diesem Kampf sind die beiden…na ja, irgendwie kaputtgegangen.“

„Kaputtgegangen? Inwiefern?“

„Oh, ähm, das ist schwer zu erklären…Ziva, nun hilf mir doch endlich mal.“

„Ach, weißt du, Gibbs, eigentlich ist ja nur Arif kaputtgegangen. Als wir mit Rebekka fertig waren, war sie…“ Ziva stockte kurz und überlegte. „…Matsch?“

„Matsch?“

„Ja, nachdem wir sie hier an den Baum geklatscht haben war sie Matsch!“ Ziva zuckte entschuldigend mit den Flügeln. Sie wusste nicht, wie sie es anders erklären sollte. Warum verstanden sie sie bloß nicht – sie war sich sicher, dass sie sich in dem Fall keinen Versprecher geleistet hatte.

Die Blicke aller Anwesenden wandten sich automatisch in Richtung des Stammes der alten Eiche und Jimmy schüttelte sich heftig, als er sich das Geschehen an der alten Eiche vorstellte. Es war eindeutig besser, die "Kunden" erst zu Gesicht zu bekommen, wenn alles vorbei war. Das hatte er als Mensch so an seinem Beruf geschätzt und in der Beziehung hatte er mit seiner neuen Daseinsform wirklich Glück gehabt, denn hier verhielt es sich kaum anders.

„Danach haben wir die Kadaver für die anderen liegengelassen – wir wollten sie einfach nicht fressen … Nicht diese beiden! Ehrlich gesagt haben wir damit gerechnet, dass unsere Vogelkumpanen das übernehmen.“

„Nun, da habt ihr offensichtlich falsch gedacht“, meinte Gibbs trocken. „Die haben anscheinend auch nur noch ein bisschen mit ihnen gekämpft.“

„Gibbs, bitte, damit konnten wir doch nicht rechnen. Ich meine, wer spielt…äh…kämpft denn schon mit Kada…“ Als Ziva den Blick ihres Ex-Bosses bemerkte, verstummte sie abrupt und für einen kurzen Augenblick lang schwiegen alle und dachten über das eben gehörte nach.

„WAS? Soll das etwa heißen, dass es sein kann, dass da jetzt eine komplette Terroristenarmee unter der Erde entsteht?“, schrie Jimmy mit einem Mal hysterisch auf. Doch nicht nur ihm war das Entsetzen anzusehen, auch den anderen war eine gewisse Beunruhigung anzumerken, als sie an Duckys Bericht dachten, den natürlich alle jetzt automatisch mit Tonys und Zivas Beichte in Zusammenhang brachten. Nur Abby kicherte leise vor sich hin.

„He Leute, immer ruhig mit den jungen Pferden.“ Glucksend krabbelte sie in die Mitte ihrer Freunde. „Macht euch keine Sorgen. Ihr wisst doch, ich habe u.a. einen Abschluss in Forensik. Also, eigentlich habe ich ja damals diesen einen Naturkurs nicht belegt, weil ich die Tierwelt so interessant fand, sondern weil der Professor so gutaussehend war und …“

„Abs…“ Gibbs warf der Spinne, soweit es in der Dunkelheit möglich war, einen finsteren Blick zu. „Komm zum Punkt.“

Abby nahm Haltung an und streckte ihre Beinchen gerade durch. „Es handelt sich nur teilweise um eine Legende", verkündete sie dann.

„Nur teilweise – was soll das heißen?“, stammelte Tony und sah zu Ziva, die etwas beleidigt ihren Schnabel zusammenpresste.

„Nun ja, Regenwürmer haben schon ein beachtliches Regenerationsvermögen. Das ist durchaus richtig.“

„Wie beachtlich?“, piepte Ziva auf. „Los, sag schon.“

„Sie sind dazu fähig, sich in Gefahrensituationen selbst zu zerstümmeln, d.h. sie schnüren ihre hinteren Segmente ab und überlassen somit quasi dem Feind das unwichtige Hinterteil, um sich mit den lebenswichtigen Körperteilen schnellstens aus dem Staub machen zu können und die Flucht zu ergreifen.“

„Und dann entstehen zwei Würmer?“ Gibbs rümpfte angewidert den Rüssel. Gott, die Vorstellung war ja mehr als eklig.

„Nein, genau das ist der Punkt, Gibbsi“, sprach Abby weiter und drehte sich im Kreis, das Kreuz auf ihrem Rücken kam dabei im Mondschein besonders gut zur Geltung. Es war offensichtlich, wie sehr sie ihren Vortrag genoss. „Das Gerücht trifft eben nicht zu. Jedes Segment kann nur den Schwanz nachbilden, nicht aber den Kopf.“

„Na, das beruhig mich aber ungemein. Es gibt eh schon genug Ärsche unter den Würmern“, schimpfte DiNozzo und hüpfte sofort zur Seite, um einer evtl. drohenden Kopfnuss von Gibbs zu entfliehen. Das Risiko tatsächlich getroffen zu werden, wollte er lieber nicht eingehen. Insgeheim genoss er die Tatsache, dass er in seinem neuen Leben deutlich wendiger war als sein Boss. Alleine durch diese Tatsache und auch dadurch, dass Gibbs sich kaum mehr ungesehen heranschleichen konnte, hatte er bislang nicht eine einzige Kopfnuss mehr einstecken müssen. Allerdings wusste er sehr gut, wie sehr das Gibbs wurmen musste. Wurmen! Shit! Schon war er wieder bei dem leidigen Thema gelandet.

Abby grinste und fuhr fort mit ihren Erklärungen. „Das Vorderende hat nur eine Überlebungschance, wenn die Teilung des Wurms hinter dem vierzigsten Segment erfolgt, denn dort befinden sich nämlich die lebenswichtigen Organe. Findet die Teilung weiter vorne statt, so stirbt der Wurm unwiderruflich. Keine Chance!“

„Das dürfte wohl kaum der Fall sein“, mischte sich nun auch wieder Ducky ein. „Die Fragmente, die wir abtransportiert haben, waren so klein, es können keine vierzig Segmente gewesen sein.“

„Also ist der Friedhof ab sofort eine terrorfreie Zone?“, murmelte Jimmy beinahe unhörbar und atmete erleichtert auf. Noch immer steckte ihm der Schock in den Gliedern.

„Scheint so“, grummelte der Maulwurf. „Und ich bin dafür, dass wir alle dafür sorgen sollten, dass es auch für immer so bleibt. Was meint ihr?“

„Genau“, jubelte Abby auf. „Oh, mein Mauli…äh, ich meine Gibbsi, das ist DIE Idee. Wir werden so eine Art Friedhofspolizei.“

„Wenn schon, dann Friedhofsagents“, wandte DiNozzo ein.

„Ist doch egal! Die Eiche ist unser neues HQ und hier finden alle unsere Besprechungen statt. Wenn Tony und Ziva in den Ästen nach Übeltätern Ausschau halten, haben wir sogar so eine Art 3-D-Videokonferenz. Wir werden uns weiter regelmäßig hier treffen und berichten, wenn einer von uns etwas Ungewöhnliches auf dem Gelände festgestellt hat. Hmm, ein Labor, ich brauche natürlich ein Labor. Ich glaube, ich werde mir mal die verlassene Eichhörnchenhöhle weiter oben im Stamm genauer ansehen. Vielleicht kann ich die ja irgendwie..."

„Ungewöhnliches? Meinst du, so was wie der schwarze Regen?“, erkundigte sich Jimmy unsicher. Er wollte seiner neuen Aufgabe auf jeden Fall gerecht werden und so fragte er lieber nach.

„Welcher schwarze Regen?“, hakte Gibbs prompt nach. Das klang durchaus interessant - vielleicht stand ihnen da ja schon der nächste Fall ins Haus? Hörte sich auf jeden Fall nach Umweltverschmutzung an.

„Oh, er meint den „Starbucks-to-go-Becher“, den jemand nicht fachgerecht entsorgt hat. Jimmy hatte tatsächlich Angst in einer Kaffeepfütze zu ertrinken." Ducky musste bei der Erinnerung daran kichern.

„Nein, hatte ich gar nicht“, kam prompt der beleidigte Einwand.

„WAS?" Gibbs wirkte mit einem Mal wieder hellwach. "Es gibt eine Kaffeepfütze hier in der Nähe? Das sagt ihr mir jetzt erst???“ In den so behäbig wirkenden Maulwurf kam plötzlich Leben, als er sich beinahe hektisch nach allen Seiten umblickte. „WO???“

„Dort drüben“, wisperte Jimmy eingeschüchtert und wies in die Richtung aus der er und Ducky gekommen waren.

Leise vor sich hin schimpfend setzte sich der Maulwurf umgehend in Bewegung. Er konnte nicht begreifen, dass man ihm dieses so immens wichtige Detail bis jetzt verschwiegen hatte. Dabei wussten doch alle, wie sehr er unter dem Koffeinentzug zu leiden hatte. Und das bei der Beleuchtung! Wieder schimpfte er wie ein Rohrspatz. Er konnte jetzt wirklich nur hoffen, dass seine Augen ihn nicht wieder im Stich ließen…Nein, besser nicht. Er würde sich dieses Mal einfach auf seinen Rüssel verlassen, dann würde er die Kaffeepfütze schon finden. Ganz sicher! Eilig wackelte er mit seinem dicken Hinterteil auf die versprochene Leckerei zu. Da! Der unverkennbare Duft stieg bereits in sein Riechorgan. Einfach himmlisch! Gleich war er da! Es konnte nicht mehr weit sein!

Im Hintergrund hörte er das Gelächter der anderen, doch es war ihm völlig egal. Er spürte ihre Blicke in seinem Rücken: 2 Ameisen, 2 Spinnen und 2 Spatzen, blickten ihm, dem Maulwurf, der schon immer ein Einzelgänger und doch der perfekte Leader gewesen war, hinterher und lachten. Sollten sie doch – Hauptsache, er fand den Kaffee und sie waren alle wieder beisammen – der Rest würde sich schon finden!

*****



„RACHE – ja, ich werde mich rächen. Diese NCIS-Viecher werden es noch bitter bereuen.“
„Wie willst du DAS denn anstellen? DU bist …“
„Ich besitze immerhin einen Stechrüssel, hier!, siehst du … und auch wenn ich nur eine Körperlänge von 5 Millimeter vorzuweisen habe, das ist egal, durch die Massenvermehrung wird es mir eines Tages gelingen… und dann werden es lausige Zeiten für das Team.“

 

Teil 12 - Epilog - Pressemeldungen

 

Pressemeldung der „Washington Post“ vom 02. Juni 2012



Nachdem in den vergangenen Wochen bereits mehrere Personen in das Washingtoner Bethesda Hospital eingeliefert wurden, um dort auf ihren geistigen Zustand hin untersucht zu werden, häufen sich nun jedoch die Meldungen, dass auf dem Heldenfriedhof in Arlington zahlreiche Personen unabhängig voneinander über einige merkwürdige Vorkommnisse berichtet haben.

Es sollen sich dort Tiere der verschiedensten Gattungen – u.a. ein Maulwurf und mehrere Vögel – unter einer großen alten Eiche zusammengefunden haben, wie zu einer gezielt geplanten Zusammenkunft. Die Treffen der Tiere finden anscheinend bevorzugt in der Dämmerung statt, wenn sich nur noch wenige Menschen auf dem Friedhof befinden.

Des Weiteren erzählte uns ein durchaus glaubwürdiger Zeuge der Geschehnisse, der an dieser Stelle jedoch lieber nicht namentlich genannt werden möchte, dass es so ausgesehen habe, als würden sich die Tiere ernsthaft unterhalten. Als der Mann jedoch daraufhin versucht hatte, näher heran zu kommen, um sich von seiner These zu überzeugen, habe sich die ungleiche Tiergruppe umgehend aufgelöst. Der Zeuge hatte sich daraufhin an einen dunkelhäutigen Mann gewandt, der in unmittelbarer Nähe auf einer Bank saß und das Geschehen ebenfalls mitbekommen haben musste. Als er jedoch den Mann auf seine Beobachtungen hin angesprochen hatte, verneinte dieser vehement, etwas Derartiges gesehen zu haben und verließ daraufhin auffallend eilig den Friedhof, wobei er beinah die hölzerne Katze, die vor kurzer Zeit auf einem Pfahl am Eingangstor montiert wurde, zu Boden warf.

Die Reinigungskraft der Friedhofskapelle berichtete wiederum, dass sie heftig von 2 Spatzen attackiert worden sei, nachdem sie die Orgel der Kapelle von Spinnweben befreien wollte. Unerklärlich in diesem Zusammenhang bleibt, wie die beiden Spatzen überhaupt in die Kapelle hinein gelangen konnten. Hierzu passt der Bericht mehrerer Jugendlicher, die offenbar nachts auf dem Friedhof eine schwarze Messe feiern wollten und noch während der Vorbereitungen von einem wütenden Maulwurf angegriffen und in die Flucht geschlagen wurden.

Wir haben für Sie recherchiert und herausgefunden, dass sich in unmittelbarer Nähe der alten Eiche die Gräber der NCIS-Agenten befinden, die kürzlich der verheerenden Bombenexplosion zum Opfer fielen. Nachdem unsere Interviewbitte an den Leiter der Behörde, Leon Vance, der ja bekanntlich das Attentat nur durch einen bloßen Zufall überlebt hatte, rundweg abgelehnt wurde, gelang es unserem Reporter Direktor Vance abzupassen, als er gestern die Gräber seiner ehemaligen Mitarbeiter besuchte. An dieser Stelle halten wir es durchaus für bemerkenswert, dass es sich bei Leon Vance um einen farbigen Mitbürger handelt und dass sich gleichen neben den Gräbern der verstorbenen Agents Gibbs, DiNozzo, McGee und David, sowie der Pathologen Mallard und Palmer und letztlich der Forensikerin Sciuto eine Bank zum Ausruhen befindet. Auf unsere Frage, ob er der mysteriöse 2. Zeuge der Tierzusammenkünfte sei und ob er sich vorstellen könne, dass die sich häufenden Vorkommnisse eventuell etwas mit dem verfrühten Tod seiner Mitarbeiter zu tun haben könnte, antwortete Vance wörtlich: „Daran glauben Sie doch nicht wirklich?“ Unser Reporter hielt ihm daraufhin noch einmal die verschiedenen Begebenheiten vor Augen, woraufhin der Leiter der Behörde lediglich mit einem knappen „Kein Kommentar“ reagierte und sich schließlich mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen abwendete…

Wir werden die Ereignisse selbstverständlich weiter für Sie verfolgen und ggfls auch aktuell wieder darüber berichten. Doch es hat sich in den letzten Tagen herauskristallisiert, dass die Tiere offenbar ausschließlich gegen Personen vorgehen, die sich in irgendeiner Form falsch verhalten. Insofern können wir die Empfehlung der Stadt, den Friedhof bis zur endgültigen Klärung zu meiden, nicht unterstützen.

Ende der Pressemeldung der Washington Post



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Pressemeldung des NCIS-Online-Forums aus Mitte Juni 2012



Wie uns aus zuverlässiger Quelle zugetragen wurde stehen die Castings zur neuen Besetzung von Navy CIS nun unmittelbar vor ihrem Abschluss. Bis auf die Rolle des Direktors sollten ja zunächst sämtliche Hauptrollen neu besetzt werden, nachdem in der Serie durch eine Bombenexplosion alle so überaus beliebten Charaktere getötet worden waren. Die bisherigen Castings haben jedoch mehr als deutlich aufgezeigt, dass die Serie ohne Gibbs, Tony und Co. nicht mehr dieselbe sein würde. Kurzfristig sah es sogar danach aus, als wäre das endgültige Serienende unabwendbar.

Umso mehr wird es die Serienfreaks sicher nun freuen, zu erfahren, dass nicht nur die Serie weiterleben wird, sondern ausnahmslos alle ehemaligen Darsteller wieder dazu bereit wären, in ihre Rollen zu schlüpfen und dort weiterzumachen, wo sie vor der Bombenexplosion aufgehört hatten. Auch die Gagenfrage konnte offenbar bereits zur allgemeinen Zufriedenheit geregelt werden. Einem Neustart der Serie stünde somit also theoretisch nichts mehr im Wege.

Beinahe nichts, denn jetzt liegt es nur noch an den Verantwortlichen der Serie Drehbuchautoren zu finden, die den durchaus kritischen Fans eine glaubhafte Version dafür liefern können, warum die „neuen Rollen“ mit den „alten Gesichtern“ besetzt wurden. Es kursieren mittlerweile noch nicht bestätigte Gerüchte, dass diesbezüglich schon in Kürze Ausschreibungen gemacht werden sollen, denn die bisherigen Autoren fühlen sich offenbar mit dieser Aufgabe restlos überfordert. Dies könnte DIE Chance für einen oder auch mehrere bislang unbekannte Autoren sein. Entsprechende Bewerbungen werden gerne entgegengenommen und zeitnah an die Produzenten weitergeleitet.

An dieser Stelle möchten wir uns nun bei allen Teilnehmern/innen des Seminars „Trauerbewältigung“, welches von den FF-Autorinnen agentES und Undercover Agent kurzfristig nach Bekanntwerden der Katastrophe ins Leben gerufen wurde, um den teilweise völlig verzweifelten Fans aufzuzeigen, dass sie mit ihrer Trauer nicht alleine waren. Anhand der uns zugetragenen Reaktionen können wir nun mit Fug und Recht behaupten, dass sich Trauer, Hoffnung und ein Lächeln eben nicht zwangsläufig ausschließen. Doch aus den vorgenannten Gründen erscheinen den Autorinnen nun weitere Therapieeinheiten nicht mehr notwendig zu sein und daher geben die beiden hiermit bekannt, dass die Therapiegruppe nunmehr mit sofortiger Wirkung aufgelöst wird. Allen Teilnehmern sei für das Interesse gedankt und für den weiteren Weg viel Erfolg gewünscht.

Ende der Pressemitteilung

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